Was sind Scope 3 Emissionen und wie kann deren Berechnung zu einer nachhaltigeren Lieferkettentransparenz führen?

14. August 2025
Wissen
Um die Klimaziele zu erreichen, ist es unerlässlich, die Treibhausgasemissionen in allen Bereichen eines Unternehmens zu analysieren. Während die Scope 1- und Scope 2-Emissionen häufig schnell berechnet und reduziert werden können, werden die Scope-3-Emissionen immer mehr zum Zentrum von Treibhausgasdiskussionen. Die indirekten Emissionen umfassen alle Aktivitäten entlang der Wertschöpfungskette eines Unternehmens – ein Bereich, der im Greenhouse Gas (GHG) Protocol in 15 Kategorien unterteilt wird. Warum sind sie wichtig und wie können Unternehmen systematisch damit umgehen?
Was sind Scope 1 Emissionen?
Der Scope 1 umfasst alle direkten Emissionen, die bei einem Unternehmen selbst stattfinden, z.B. Verbrennung von Öl oder Gas in einer Heizung. Sie sind die unmittelbarste Form von Emissionen, die ein Unternehmen selbst beeinflussen kann. Sie stammen ausschließlich aus eigenen oder kontrollierten Quellen und werden durch die Aktivitäten eines Unternehmens wie z.B. Emissionen aus eigenen Fahrzeugen oder Anlagen verursacht.
Was sind Scope 2 Emissionen?
Hinter Scope 2 verbergen sich indirekte Emissionen. Man nennt diese auch leitungsgebundene Emissionen. Dahinter verbergen sich indirekte Emissionen, z.B. durch den Bezug von Strom, Dampf oder Fernwärme. Sie entstehen nicht direkt beim Unternehmen selbst, sondern z.B. durch die Erzeugung des Stroms, den ein Unternehmen extern bezieht.
Was sind Scope 3 Emissionen?
Scope 3 Emissionen decken alle weiteren vor- und nachgelagerten indirekten Emissionen ab. Sie ziehen sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette eines Unternehmens und umfassen z.B. die Emissionen der bezogenen Materialien und Dienstleistungen (Scope 3.1), den Transport und die Distribution (Scope 3.4 und Scope 3.9), die Nutzung der hergestellten Produkte (Scope 3.11) sowie deren Entsorgung (Scope 3.12).
Scope 3 Emissionen machen häufig den größten Teil der Gesamtemissionen eines Unternehmens aus und sind auch am schwersten zu beeinflussen. Sie entziehen sich meist der direkten Kontrolle eines Unternehmens und werden häufig von Lieferanten oder Kunden verursacht. Sie kontrolliert und transparent zu bilanzieren und abzubilden, stellt für Unternehmen häufig eine große Herausforderung dar, die für eine ganzheitliche Dekarbonisierung jedoch unerlässlich bleibt.
Das Greenhouse Gas Protocol unterteilt den Scope 3 in 15 Kategorien. 5 der 15 Kategorien zielen direkt auf die Produkte der Unternehmen ab und stehen somit in enger Verbindung zum Product Carbon Footprint:
3.1: Eingekaufte Waren und Dienstleistungen
- Definition: alle Emissionen, die bei der Produktion und Lieferung von eingekauften Waren und Dienstleistungen entstehen
- Herausforderung: Schwierigkeit, genaue Daten von Lieferanten zu erhalten
- Relevanz: Möglichkeit, versteckte Emissionsquellen in der Lieferkette zu identifizieren und ein zentrales Kriterium für die Bewertung der Klimastrategie
3.4/3.9: Transport und Distribution (vor- bzw. nachgelagert )
- Definition: Upstream = Transport von Rohstoffen, Materialien oder Zwischenprodukten vom Lieferanten oder Herstellungsort zum Unternehmen I Downstream = Transport von Fertigprodukten vom Unternehmen zu den Kunden oder Endnutzern
- Herausforderung: Datenbeschaffung, verschiedene Transportmittel und Emissionsfaktoren
- Relevanz: Transportprozesse tragen erheblich zum CO₂-Fußabdruck von Unternehmen bei, wachsender Druck von Stakeholdern
3.5 Abfallentsorgung
- Definition: alle Treibhausgasemissionen, die durch die Entsorgung von Abfällen entlang der Wertschöpfungskette eines Unternehmens entstehen
- Herausforderung: Zuordnung von Emissionsfaktoren für unterschiedliche Entsorgungsmethoden
- Relevanz: Recyclingprozesse und Kreislaufwirtschaftsmodelle können den Bedarf an Primärressourcen reduzieren und dadurch Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette senken
3.11 Nutzung der verkauften Produkte
- Definition: Treibhausgasemissionen, die bei der Nutzung der Produkte eines Unternehmens entstehen
- Herausforderung: Quantifizierung des Energieverbrauchs oder die Emissionsprofile von Produkten in der Nutzungsphase aufgrund von unterschiedlichen Nutzungsgewohnheiten und Einsatzbedingungen der Endkunden
- Relevanz: größter Anteil der Lebenszyklusemissionen eines Produkts, Emissionen aus der Nutzung verkaufter Produkte sind direkt mit der Erreichung globaler Klimaziele verbunden
Scope 3.1 und Scope 3.11 gelten meist als der kritischste Bereich insbesondere im Maschinen- und Anlagenbau. Scope 3.1 bezieht sich auf die Emissionen der eingekauften Waren und Dienstleistungen und umfasst somit nicht nur den Abbau von Rohstoffen sondern auch die Vorverarbeitung und den Transport bis hin zu den Tier-1-Lieferanten. Scope 3.11 hingegen beziffert die Emissionen durch die Nutzung der hergestellten Produkten. Hier wird die Verbindung des Product Carbon Footprints (PCF) mit dem Corporate Carbon Footprint deutlich, denn durch die PCF-Berechnung der Produkte, lassen sich viele Kategorien im Scope 3 einfacher und genauer befüllen.
Industrieunternehmen, die sich zu Netto-Null-Emissionen verpflichten, müssen ihre Emissionen in allen drei Scopes reduzieren. Ihre Lieferketten sind allerdings meist komplex und umfassen tausende von Lieferanten, sodass hier die größten Anstrengungen unternommen werden müssen, um gemeinsam mit den Zulieferern Strategien zur Emissionsreduktion zu erarbeiten. Der Product Carbon Footprint wird hier zur strategisch wichtigen Größe.
Technologische Lösungen für Scope 3 Transparenz der Lieferkette
Innovative Technologien erleichtern die Analyse und Reduktion der Lieferkettenemissionen. Dazu gehört z.B. der Lösungsfaktor Digitale Produktpass (DPP). Der Digitale Produktpass ist eine strukturierte Sammlung produktbezogener Daten mit dem Ziel, umfassende Informationen über ein Produkt entlang der gesamten Lieferkette von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung zur Verfügung zu stellen. Eine Struktur, die Kreisläufe schließt. Der DPP ermöglicht und stärkt die Kreislaufwirtschaft von Gütern und ist ab 2026 eine verbindliche Maßnahme zur Förderung von CO2-Emissionstransparenz.
Durch den Datenaustausch im Digitalen Produktpass kann der Product Carbon Footprint über die Lieferkette präziser berechnet werden und so bietet sich produzierenden Unternehmen auch die Möglichkeit, den Scope 3 qualitativ hochwertiger abzubilden, sodass noch zielgerichteter reduziert werden kann.
Ein ambitioniertes Scope 3 Management und seine Vorteile
Ein effektives Scope 3 Emissionsmanagement bringt somit nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Vorteile. Es vereint die Senkung von Kosten, den Wettbewerbsvorteil und die Risikominimierung. Eine klare Klimastrategie positioniert ihr Unternehmen als Vorreiter in ihrer Branche. Dazu gehört eine effiziente Wertschöpfungskette, mit der langfristig Ressourcen gespart und Kosten gesenkt werden können.