Der Digitale Produktpass (DPP): Der Enabler zur Kreislaufwirtschaft
31. Mai 2024
Wissen
Mit dem Inkrafttreten der neuen Ökodesign-Verordnung (ESPR) wird der Digitale Produktpass (DPP) für Unternehmen verpflichtend eingeführt. Er soll umfassende Informationen über ein Produkt entlang der gesamten Lieferkette zugänglich machen, von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung und somit die Kreislaufwirtschaft von Gütern befähigen und stärken. In diesem Artikel beleuchten wir die Bedeutung, Funktionsweise und warum er wichtig ist. Zudem beantworten wir häufig gestellte Fragen zur Einführung und den Anforderungen.
Was ist der Digitale Produktpass?
Der Digitale Produktpass ist ein digitales Abbild, das detaillierte Informationen über den gesamten Produktlebenszyklus eines Produktes enthält. Die Informationen sollen verständlich und vertrauenswürdig sein. Diese Daten beinhalten Materialien, Herstellungsprozesse, die Verwendung von Rohstoffen und auch die Möglichkeiten zur Wiederverwertung, so wie den CO2-Fußabdruck des Produktes. Der DPP dient somit als zentrales Werkzeug, um Transparenz über den gesamten Lebenszyklus eines Produkts zu schaffen und spielt eine entscheidende Rolle in der Umsetzung der Kreislaufwirtschaft. Im Idealfall soll er dazu beitragen, dass Güter nachhaltiger gestaltet, effizienter recycelt und wiederverwendet werden.
Warum brauchen wir einen Produktpass?
Die Anforderungen an Unternehmen und Verbraucher, nachhaltig zu agieren, steigen stetig. Immer mehr Verbraucher*innen möchten wissen, woher ein Produkt stammt, wie es hergestellt wurde und welche ökologischen Auswirkungen es hat, insbesondere im Hinblick auf die Normen und Standards für nachhaltige Produkte. Der Digitale Produktpass ist die Antwort auf diese gestiegenen Transparenzanforderungen. Er ermöglicht es, die Herkunft und Zusammensetzung auf einen Blick zu erkennen und erleichtert es somit, bewusste Entscheidungen zu treffen. Vor allem in Hinblick auf den Klimawandel und die Notwendigkeit, Ressourcen effizienter zu nutzen, ist der DPP entscheidend. Zudem bringt er viele Vorteile in der Zusammenarbeit entlang der Wertschöpfungskette für Güter. Unternehmen können nachvollziehen, woher die verwendeten Materialien stammen und ob diese den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.
Wann kommt der Digitale Produktpass?
Die Einführung des Digitalen Produktpasses ist mit dem Inkrafttreten der ESPR für das Jahr 2027 verpflichtend. Die Europäische Union hat sich im Rahmen des Green Deals und Circular Economy Action Plan dazu verständigt, Maßnahmen zu ergreifen, um die Kreislaufwirtschaft voranzutreiben. Der DPP ist ein zentrales Element dieser Strategie und wird für über 31 Produktkategorien verpflichtend eingeführt. Darunter fallen insbesondere Batterien (Battery Regulation der EU), Textilien, Kunststoffe, Verpackungen, Möbel, Aluminium, Stahl und Elektronik. Unternehmen müssen sicherstellen, dass sie alle erforderlichen Daten zum Produkt bereitstellen und diese in den digitalen Produktpass integrieren.
Zur Unterstützung der weiteren Entwicklung des Digitalen Produktpasses haben das Deutsche Institut für Normung e.V. (DIN) und die Deutsche Echtheitskommission (DKE) in einer konstituierenden Sitzung den Gemeinschaftsausschuss „Digitaler Produktpass“ gegründet. Dieser besteht aus Vertreter*innen aus Wirtschaft, Wissenschaft, öffentlicher Hand und Zivilgesellschaft. Dieser legt beispielweise auch fest, welche Informationen im Digitalen Produktpass gefordert sind:
- Ganzheitliche Transparenz über den gesamten Lebenszyklus, einschließlich der Rohstoffbeschaffung
- Ökologische Angaben zu Treibhausgasemissionen, Wasserverbrauch und anderen Umweltauswirkungen
- Langlebigkeit, Wiederverwendbarkeit, Erweiterbarkeit und Reparaturmöglichkeiten von Produkten
- Alle relevanten Informationen für das Recycling, wie Inhaltsstoffe, potenzielle Gefahren, Anweisungen zur Demontage und ordnungsgemäßen Entsorgung
- Verpflichtungen zur Einhaltung der Menschenrechte und ethischer Standards
Darüber hinaus ist nicht nur die EU bemüht die Einführung voranzutreiben. Catena-X sorgt in der Automobilindustrie dafür, dass das Thema umgesetzt wird. Zudem laufen viele internationale Forschungsprojekte wie CIRPASS-2 und Battery Pass. Besonders in den USA und Japan wird der Digitale Produktpass politisch vorangetrieben, beispielsweise durch die Carbon Footprint Regulation for EV Batteries in Japan.
Wie funktioniert der Digitale Produktpass?
Der Digitale Produktpass enthält alle relevanten Informationen über ein Produkt über die gesamte Lebensdauer. Diese Produktdaten sind in einer sogenannten Registry hinterlegt. Der Produktpass ist kein Tracebility-Tool, sondern basiert auf den Daten, die bereits gesammelt wurden. Jeder Akteur entlang der Zulieferkette – vom Rohstofflieferanten über den Hersteller bis hin zum Händler – trägt zu diesem Informationssystem bei. Die Produktinformationen können regelmäßig aktualisiert werden und mit anderen Nutzern ausgetauscht werden. Dabei steht die Datensouveränität an höchster Stelle. Wem gehören welche Daten und wer erhält Zugriff auf welche Informationen? Wie kann eine Verifizierung der Nutzen und zugleich der Daten sichergestellt werden, um ein vertrauenswürdiges System zu schaffen? Diese Fragen sind noch in der Diskussion innerhalb der Expertenkreise und müssen bis zur Umsetzung geklärt sein.
Zur Veranschaulichung für den Mehrwert, nehmen wir folgendes Beispiel: Ein Kunde kauft sich eine neue Waschmaschine für den eigenen Haushalt. Mit Hilfe des DPP kann er nachvollziehen, aus welchen Materialien das Gerät besteht, wie hoch der CO2-Fußabdruck ist und wie die Entsorgung einzelner Bauteile ablaufen sollte. Diese Informationen werden in einem QR-Code, einer RFID-Kennzeichnung oder einem Barcode hinterlegt, die mit der DPP-Registry verknüpft sind. Dadurch können sowohl Konsument als auch Unternehmen jederzeit auf die Informationen zugreifen.
Welche Vorteile bietet der Digitale Produktpass?
- Förderung der Kreislaufwirtschaft: Durch die genaue Erfassung der Lieferanteninformationen, Materialien, Gefahrstoffe und der Produktionsprozesse kann ein Produkt besser recycelt und wiederverwendet werden. Das reduziert den Einsatz neuer Rohstoffe und minimiert Abfall.
- Einsicht für Konsumenten: Der digitale Produktpass gibt Kunden die Möglichkeit, fundierte Entscheidungen zu treffen. Sie können sich gezielt für Produkte entscheiden, die den Anforderungen des Digitalen Produktpasses entsprechen.
- Verbesserung der Normung: Unternehmen können auf standardisierte und normierte Daten zugreifen, was die Zusammenarbeit entlang der Zulieferkette verbessert und Effizienzsteigerungen ermöglicht.
- Ressourcenschonung: Da der DPP detaillierte Informationen über die Materialien enthält, wird es leichter, gebrauchte Produkte zu reparieren oder wiederzuverwenden. Dies führt zu einer Verringerung des Ressourcenverbrauchs.
- CO2-Fußabdruck auf Produktebene: Langfristig trägt der Ansatz dazu bei, CO2-Emissionen zu reduzieren und die Umwelt zu schützen. Denn Produkte, deren gesamte Lebensdauer transparent nachverfolgt werden kann, lassen sich umweltfreundlicher gestalten und besser in den Kreislauf zurückführen.
Herausforderungen und Chancen bei der Einführung des Digitalen Produktpasses für die Kreislaufwirtschaft
Die Initiierung des Digitalen Produktpasses ist mit Herausforderungen verbunden. Unternehmen müssen in der Lage sein, umfassende Daten über ihre Produkte zu erfassen, zu speichern und mit anderen Teilnehmenden im Ökosystem und entlang der Wertschöpfungskette zu teilen. Dies erfordert eine hohe Investition in Technologie und Prozesse. Zudem muss die Datenhoheit und -souveränität sichergestellt sein.
Gleichzeitig bringt der DPP jedoch auch viele Chancen mit sich. Für Unternehmen bedeutet er eine größere Transparenz und Nachvollziehbarkeit entlang der Lieferkette. Zudem können nachhaltige Praktiken besser nachgewiesen werden und damit auf den steigenden Verbraucherwunsch nach umweltfreundlichen Erzeugnissen eingegangen werden. Weiterhin eröffnen sich neue Geschäftsmodelle, insbesondere im Bereich End-of-Life im Hinblick auf Recycling und Reuse, die durch den Digitalen Produktpass unterstützt werden.
Fazit: Der Digitale Produktpass als zentrales Instrument für eine nachhaltige Zukunft
Der Digitale Produktpass wird eine zentrale Rolle in der Umsetzung der europäischen Kreislaufwirtschaft spielen. Ab 2024 wird dieser schrittweise eingeführt und soll Klarheit über den gesamten Zyklus eines Produkts schaffen. Sowohl Verbraucher als auch Unternehmen profitieren von der erhöhten Einsicht, indem sie bessere Entscheidungen im Hinblick auf Nachhaltigkeit treffen können. Die Einführung mag mit einigen Herausforderungen verbunden sein, doch die Chancen für eine ressourcenschonendere und grünere Zukunft bis 2030 überwiegen deutlich.
Langfristig wird der Digitale Produktpass einen positiven Einfluss auf die Art und Weise haben, wie Güter hergestellt, genutzt und entsorgt werden. In einer Welt, in der der Klimaschutz und der verantwortungsvolle Umgang mit Ressourcen immer wichtiger werden, bietet dieser eine Lösung, um die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu erreichen und die Nachhaltigkeit zu fördern.