Digitaler Produktpass (DPP): Der Enabler zur Kreislaufwirtschaft

5. Mai 2025
Wissen
Mit dem Inkrafttreten der neuen Ökodesign-Verordnung (ESPR) wird ein Digitaler Produktpass (DPP) für Unternehmen verpflichtend eingeführt. Er soll umfassende Informationen über ein Produkt entlang der gesamten Lieferkette zugänglich machen, von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung und somit die Kreislaufwirtschaft von Gütern befähigen und stärken. In diesem Artikel beleuchten wir die Bedeutung, Funktionsweise und warum er wichtig ist. Zudem beantworten wir häufig gestellte Fragen zur Einführung und den Anforderungen.
Definition von Digitaler Produktpass
Ein Digitaler Produktpass ist ein digitales Abbild, das detaillierte Informationen über den gesamten Produktlebenszyklus eines Produktes enthält. Die Informationen sollen verständlich und vertrauenswürdig sein. Diese Daten beinhalten Materialien, Herstellungsprozesse, die Verwendung von Rohstoffen und auch die Möglichkeiten zur Wiederverwertung, so wie den CO2-Fußabdruck des Produktes. Der DPP dient somit als zentrales Werkzeug, um Transparenz über den gesamten Lebenszyklus eines Produkts zu schaffen und spielt eine entscheidende Rolle in der Umsetzung der Kreislaufwirtschaft. Im Idealfall soll er dazu beitragen, dass Güter nachhaltiger gestaltet, effizienter recycelt und wiederverwendet werden.
Abbildung 1: Branchen des Digitalen Produktpass (DPP)
Warum brauchen wir einen Produktpass?
Die Anforderungen an Unternehmen und Verbraucher, nachhaltig zu agieren, steigen stetig. Immer mehr Verbraucher*innen möchten wissen, woher ein Produkt stammt, wie es hergestellt wurde und welche ökologischen Auswirkungen es hat, insbesondere im Hinblick auf die Normen und Standards für nachhaltige Produkte. Der DPP ist die Antwort auf diese gestiegenen Transparenzanforderungen. Er ermöglicht es, die Herkunft und Zusammensetzung auf einen Blick zu erkennen und erleichtert es somit, bewusste Entscheidungen zu treffen. Vor allem in Hinblick auf den Klimawandel und die Notwendigkeit, Ressourcen effizienter zu nutzen, ist der DPP entscheidend. Zudem bringt er viele Vorteile in der Zusammenarbeit entlang der Wertschöpfungskette für Güter. Unternehmen können nachvollziehen, woher die verwendeten Materialien stammen und ob diese den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.
Digitaler Produktpass und die Nachweispflicht
Die Einführung des Produktpasses ist mit dem Inkrafttreten der ESPR für das Jahr 2027 verpflichtend. Die Europäische Union hat sich im Rahmen des Green Deals und Circular Economy Action Plan dazu verständigt, Maßnahmen zu ergreifen, um die Kreislaufwirtschaft voranzutreiben. Der DPP ist ein zentrales Element dieser Strategie und wird für über 31 Produktkategorien verpflichtend eingeführt. Darunter fallen insbesondere Batterien (Battery Regulation der EU), Textilien, Kunststoffe, Verpackungen, Möbel, Aluminium, Stahl und Elektronik. Unternehmen müssen sicherstellen, dass sie alle erforderlichen Daten zum Produkt bereitstellen und diese in den digitalen Produktpass integrieren.
Zur Unterstützung der weiteren Entwicklung des Digitalen Produktpasses haben das Deutsche Institut für Normung e.V. (DIN) und die Deutsche Echtheitskommission (DKE) in einer konstituierenden Sitzung den Gemeinschaftsausschuss „Digitaler Produktpass“ gegründet. Dieser besteht aus Vertreter*innen aus Wirtschaft, Wissenschaft, öffentlicher Hand und Zivilgesellschaft. Dieser legt beispielweise auch fest, welche Informationen gefordert sind:
- Ganzheitliche Transparenz über den gesamten Lebenszyklus, einschließlich der Rohstoffbeschaffung
- Ökologische Angaben zu Treibhausgasemissionen, Wasserverbrauch und anderen Umweltauswirkungen
- Langlebigkeit, Wiederverwendbarkeit, Erweiterbarkeit und Reparaturmöglichkeiten von Produkten
- Alle relevanten Informationen für das Recycling, wie Inhaltsstoffe, potenzielle Gefahren, Anweisungen zur Demontage und ordnungsgemäßen Entsorgung
- Verpflichtungen zur Einhaltung der Menschenrechte und ethischer Standards
Darüber hinaus ist nicht nur die EU bemüht die Einführung voranzutreiben. Catena-X sorgt in der Automobilindustrie dafür, dass das Thema umgesetzt wird. Zudem laufen viele internationale Forschungsprojekte wie CIRPASS-2 und Battery Pass. Besonders in den USA und Japan wird das Thema politisch vorangetrieben, beispielsweise durch die Carbon Footprint Regulation for EV Batteries in Japan.
Wie funktioniert ein Digitaler Produktpass?
Ein Digitaler Produktpass enthält alle relevanten Informationen über ein Produkt über die gesamte Lebensdauer. Diese Produktdaten sind in einer sogenannten Registry hinterlegt. Der Produktpass ist kein Tracebility-Tool, sondern basiert auf den Daten, die bereits gesammelt wurden. Jeder Akteur entlang der Zulieferkette – vom Rohstofflieferanten über den Hersteller bis hin zum Händler – trägt zu diesem Informationssystem bei. Die Produktinformationen können regelmäßig aktualisiert werden und mit anderen Nutzern ausgetauscht werden. Dabei steht die Datensouveränität an höchster Stelle. Wem gehören welche Daten und wer erhält Zugriff auf welche Informationen? Wie kann eine Verifizierung der Nutzen und zugleich der Daten sichergestellt werden, um ein vertrauenswürdiges System zu schaffen? Diese Fragen sind noch in der Diskussion innerhalb der Expertenkreise und müssen bis zur Umsetzung geklärt sein.
Abbildung 2: Der Kreislauf des Digitalen Produktpass (DPP)
Zur Veranschaulichung für den Mehrwert, nehmen wir folgendes Beispiel: Ein Kunde kauft sich eine neue Waschmaschine für den eigenen Haushalt. Mit Hilfe des DPP kann er nachvollziehen, aus welchen Materialien das Gerät besteht, wie hoch der CO2-Fußabdruck ist und wie die Entsorgung einzelner Bauteile ablaufen sollte. Diese Informationen werden in einem QR-Code, einer RFID-Kennzeichnung oder einem Barcode hinterlegt, die mit der DPP-Registry verknüpft sind. Dadurch können sowohl Konsument als auch Unternehmen jederzeit auf die Informationen zugreifen.
Welche Vorteile bietet ein Digitaler Produktpass?
- Förderung der Kreislaufwirtschaft: Durch die genaue Erfassung der Lieferanteninformationen, Materialien, Gefahrstoffe und der Produktionsprozesse kann ein Produkt besser recycelt und wiederverwendet werden. Das reduziert den Einsatz neuer Rohstoffe und minimiert Abfall.
- Einsicht für Konsumenten: Kunden erhalten die Möglichkeit, fundierte Entscheidungen zu treffen. Sie können sich gezielt für Produkte entscheiden, die den Anforderungen des Digitalen Produktpasses entsprechen.
- Verbesserung der Normung: Unternehmen können auf standardisierte und normierte Daten zugreifen, was die Zusammenarbeit entlang der Zulieferkette verbessert und Effizienzsteigerungen ermöglicht.
- Ressourcenschonung: Da der DPP detaillierte Informationen über die Materialien enthält, wird es leichter, gebrauchte Produkte zu reparieren oder wiederzuverwenden. Dies führt zu einer Verringerung des Ressourcenverbrauchs.
- CO2-Fußabdruck auf Produktebene: Langfristig trägt der Ansatz dazu bei, CO2-Emissionen zu reduzieren und die Umwelt zu schützen. Denn Produkte, deren gesamte Lebensdauer transparent nachverfolgt werden kann, lassen sich umweltfreundlicher gestalten und besser in den Kreislauf zurückführen.
Digitaler Produktpass: Herausforderungen und Chancen bei der Einführung
Die Initiierung des Digitalen Produktpasses ist mit Herausforderungen verbunden. Unternehmen müssen in der Lage sein, umfassende Daten über ihre Produkte zu erfassen, zu speichern und mit anderen Teilnehmenden im Ökosystem und entlang der Wertschöpfungskette zu teilen. Dies erfordert eine hohe Investition in Technologie und Prozesse. Zudem muss die Datenhoheit und -souveränität sichergestellt sein.
Gleichzeitig bringt der DPP jedoch auch viele Chancen mit sich. Für Unternehmen bedeutet er eine größere Transparenz und Nachvollziehbarkeit entlang der Lieferkette. Zudem können nachhaltige Praktiken besser nachgewiesen werden und damit auf den steigenden Verbraucherwunsch nach umweltfreundlichen Erzeugnissen eingegangen werden. Weiterhin eröffnen sich neue Geschäftsmodelle, insbesondere im Bereich End-of-Life im Hinblick auf Recycling und Reuse, die durch den Digitalen Produktpass unterstützt werden.
Der ESPR-Zeitplan von 2025–2030:
Die Ecodesign for Sustainable Products Regulation (ESPR) ist ein wesentlicher Baustein der EU-Strategie für eine klimaneutrale und kreislaufbasierte Wirtschaft. Am 16. April 2025 veröffentlichte die Europäische Kommission die Mitteilung COM(2025) 187 final, die den ersten Arbeitsplan 2025–2030 für die Umsetzung der ESPR vorgibt. Ziel ist es, durch Ökodesign-Anforderungen und den Digitalen Produktpass (DPP) Transparenz, Ressourceneffizienz und Klimaschutz im gesamten Produktlebenszyklus zu verankern. Der ESPR-Arbeitsplan verfolgt primär folgende Ziele:
- Festlegung harmonisierter Ökodesign-Anforderungen auf EU-Ebene, um einen einheitlichen Binnenmarkt für nachhaltige Produkte zu schaffen.
- Förderung der Kreislaufwirtschaft durch Vorgaben zu Reparierbarkeit, Rezyklatanteil und Recyclingfähigkeit.
- Erhöhung der Transparenz mittels eines standardisierten Digitalen Produktpasses (DPP), um alle relevanten Nachhaltigkeitsdaten digital verfügbar zu machen.
- Reduktion des CO₂-Fußabdrucks (Product Carbon Footprint, PCF) als zentrales Kriterium für produktbezogene Klimabilanzierungen.
- Vorbereitung weiterer Produktgruppen durch Studien und Bewertungen, um den Geltungsbereich nach 2030 sukzessive auszuweiten.
Um den Arbeitsplan zielgerichtet und wirkungsvoll zu gestalten, hat die EU-Kommission Kriterien definiert, anhand derer prioritäre Produktgruppen identifiziert werden:
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Ökologische Relevanz: Produkte mit hohen Umwelt- und Klimabelastungen über ihren Lebenszyklus.
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Marktvolumen: Wirtschaftliche Bedeutung innerhalb des EU-Binnenmarktes (Höhe des Umsatzes, Marktanteile).
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Verbesserungspotenzial: Ausmaß, in dem mittels Ökodesign deutliche Effekte erzielt werden können (z. B. Materialeffizienz, Langlebigkeit, Recycling).
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Politische Kohärenz: Abstimmung mit bereits bestehenden oder geplanten Maßnahmen (z. B. Kreislaufwirtschaftsstrategie, EU-Chemikalienrecht).
Basierend auf diesen Kriterien werden im ersten Arbeitsplan sechs Produktgruppen und zwei horizontale Maßnahmen definiert, die bis 2030 umgesetzt werden.
Priorisierte Produktgruppen & Zeitplan
Der Arbeitsplan legt einen Fünfjahreszeitraum 2025–2030 fest, mit einer Halbzeitüberprüfung (Midterm-Review) im Jahr 2028. Die Umsetzung erfolgt in Form von delegierten Rechtsakten, die produktspezifische Ökodesign-Anforderungen sowie Informationspflichten (z. B. DPP) festlegen.
Abbildung 3: Timeline für den Digitalen Produktpass (DPP)
Midterm-Review & Erweiterung des Arbeitsplans
Ein Midterm-Review ist für Ende 2028 vorgesehen. Dabei überprüft die EU-Kommission:
Erste Praxiserfahrungen
- Funktionsfähigkeit der DPP-Systeme
- Umsetzung der Ökodesign-Anforderungen bei Pilotprodukten
Erweiterungspotenziale
- Aufnahme zusätzlicher Produktgruppen (z. B. Schuhe, Keramik, Chemikalien)
- Anpassung bestehender Anforderungen bei Bedarf
Regionale und internationale Abstimmung
- Integration neuer Normungsstandards
- Zusammenarbeit mit Drittländern, um global konsistente Anforderungen zu fördern
Ergänzend werden mehrere Scoping-Studien initiiert, um den tatsächlichen Bedarf und die ökologischen Potenziale weiterer Produktfamilien zu analysieren. Bis zum Abschluss des Midterm-Reviews sollen auch Studien zu Chemikalien und IKT-Produkten (z. B. Server, Smartphones) weit genug fortgeschritten sein, um eine Entscheidung über deren zukünftige Regulierung zu treffen.
Jetzt handeln: So unterstützt greenable Ihr Unternehmen bei der Umsetzung der ESPR
Die Anforderungen der ESPR (Ecodesign for Sustainable Products Regulation) kommen mit großen Schritten – und wer frühzeitig handelt, sichert sich klare Wettbewerbsvorteile. Wir von greenable helfen Unternehmen dabei, genau jetzt die richtigen Weichen zu stellen: mit skalierbaren Softwarelösungen, fundierter Beratung und praxisnaher Umsetzungskompetenz.
Wir unterstützen Sie beim Aufbau Ihrer Dateninfrastruktur für den DPP
Ohne belastbare Datenbasis keine Nachhaltigkeit. Wir helfen Ihnen, die richtigen Systeme aufzusetzen und effizient zu verknüpfen:
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ERP- und PIM-Anbindung für automatische Datenflüsse
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Schnittstellen zu Lieferanten für Herkunfts- und Umweltdaten
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Zentrale Datenarchitektur für CO₂- & Produktinformationen
Wir machen Ihre Produkte transparent
Der PCF wird Pflicht im DPP. Mit unserem Product Data Monitor berechnen Sie den CO₂-Fußabdruck Ihrer Produkte auf Knopfdruck:
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Umsetzung nach ISO 14067 und GHG Protocol
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Vollautomatisierte Erfassung von Energie-, Material- und Lieferantendaten
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Integration in bestehende IT-Systeme
Wir bringen Sie zum Digitalen Produktpass
Der DPP wird Pflicht – wir liefern die Lösung:
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Definition und Pflege aller geforderten Datenfelder (Materialien, CO₂, Reparierbarkeit etc.)
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Cloudbasierte Infrastruktur mit API-Anbindung
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Maßgeschneiderte Roadmaps & Umsetzung aus einer Hand
- Verbindung von Design, PCF und DPP-Datenlogik
Eine frühzeitige Umsetzung minimiert langfristig Kosten, sichert Marktanteile und erfüllt regulatorische Vorgaben. Unternehmen, die sich rechtzeitig als „DPP-ready“ positionieren, profitieren von Wettbewerbsvorteilen und stärken das Vertrauen von Endkunden sowie Geschäftspartnern.
Unser Fazit: Ein Digitaler Produktpass als zentrales Instrument für eine nachhaltige Zukunft – gemeinsam mit greenable
Der ESPR-Arbeitsplan 2025–2030 setzt einen klaren Rahmen, um den Übergang zu einer kreislauforientierten, klimafreundlichen Wirtschaft zu beschleunigen. Der Digitale Produktpass und die CO₂-Transparenz spielen dabei eine Schlüsselrolle. In Kombination mit Ökodesign-Anforderungen für Textilien, Möbel, Reifen, Matratzen, Eisen, Stahl und Aluminium sowie horizontalen Maßnahmen zu Reparierbarkeit und Recyclingfähigkeit entsteht ein holistisches System, das Europa dabei unterstützt, seine Umweltziele zu erreichen.
Für Unternehmen heißt das: Jetzt aktiv werden und Prozesse, IT-Infrastruktur und Produktdesigns zukunftsorientiert anpassen. Wer frühzeitig Daten konsolidiert, PCF-Berechnungen implementiert und einen DPP-Plan erstellt, kann nicht nur regulatorische Anforderungen erfüllen, sondern sich als Vorreiter für nachhaltige Produkte positionieren.
Mit greenable bekommen Sie kein abstraktes Beratungskonzept, sondern konkrete Tools, schnelle Implementierung und echten Impact.
Sprechen Sie mit uns – und wir zeigen Ihnen, wie Ihre nachhaltige Transformation gelingen kann.
Wir begleiten Sie Schritt für Schritt – von der ersten Analyse bis zum Digitalen Produktpass.
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